Entscheidungen
- silkeni432
- 9. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Die erste unmenschliche Entscheidung mussten wir schon wenige Minuten nach eintreffen der Polizei treffen. Ich fragte den Polizisten, wo Timo jetzt ist, das war mir irgendwie wichtig. Er sagte mir, das Timo von dem Bestatter abgeholt wurde, der Wochenenddienst hatte. Das war unerträglich, meinen Sohn irgendwo zu Wissen, dessen Ort ich nicht kannte. Wir haben in der Nähe ein Bestatter, der uns persönlich bekannt ist, bei dem auch eine Mutter arbeitet, deren Sohn früher mit Timo Sport gemacht hatte. Ich bat den Polizisten die Überführung in die Wege zu leiten. Das war die erste Entscheidung, die mich fast um den Verstand gebracht hat.
Die erste Nacht, nach Timo seinem Unfall ist aus meinem Gedächnis gelöscht. Am nächsten Morgen, es ist Sonntag, bin ich irgendwann ins Esszimmer gekommen und irgendwie war es voll mit Besuch, und der Tisch war gedeckt, aber niemand saß auf Timo seinem Stuhl. Nach Angaben meiner Schwester hat sich mein Mann um unsere Tochter gekümmert, und ich habe einfach aufgehört zu Reden.
Am Unfalltag, sagte der Polizist uns, wir sollten bitte die nächsten Tage nicht zum Unfallort fahren, aber als dann Sonntag Nachmittag meine andere Schwester und mein Schwager eintrafen, wollten wir trotzdem dort hin, vieleicht um zu verstehen, was passiert ist. Wir suchten ein Bild von Timo raus und und irgendwie waren auch Kerzen da. Ich kann nicht mehr sagen, wie ich zu Unfallstelle gekommen bin, ich weiß nur noch, das unsere Tochter zu meinem Mann gesagt hat, schau, Mama steht in dem Blut von Timo. Da war mir Klar, warum wir nicht zu diesem Ort fahren sollten, die ersten Tage. Diese Entscheidung war vielleicht falsch, da ich diesen Moment schlecht loswerde. Timo hat sehr viel Blut verlohren, man hat wohl versucht, das mit Erde abzudecken.....
Am Montag früh meldete sich der Bestatter und machte für Nachmittags einen Termin, da wir zum Friedhof fahren mussten, um einen Platz auszusuchen. Da standen wir nun, und es fühlte sich alles nicht richtig an. Ich weiß nicht wie lange wir über den Friedhof gelaufen sind, aber irgenwann standen wir unter einem Baum, mit Blick Richtung Bundesstrasse und entschieden, hier ist es gut, hier kann Timo die Motorräder auf der Strasse hören.
Wir fuhren wieder nach Hause und dort erwartete uns die nächste Entscheidung, meine Bekannte, vom Bestatter kam mit und bat uns frische Sachen für Timo rauszusuchen, die sie mitnehmen konnte. Warum hört das nicht auf, wie soll ich das schaffen, aber man funktioniert. Unsere Tochter war mir eine große Hilfe dabei. Das war der Montag, am Dienstag Vormittag sind wir dann zum Bestatter gegangen, um die Traueranzeige zu gestallten und den Tag der Trauerfeier festzulegen. Eine Entscheidung hat Timo uns zu Lebzeiten abgenommen. Durch den frühen Tod meines Bruders, bin ich immer offen mit dem Thema umgegangen, und Timo hat einmal gesagt, wenn es ihn mal erwischt, und das war seine Art sich mitzuteilen, möchte er verbrannt werden. Also suchten wir eine passende Urne aus. Sie war hell mit Bergen und einem blauen Himmel. Timo liebte die Berge in Süd Tirol.
Am Nachmittag hatten wir dann das Trauergespräch mit dem Bestatter. Der war sehr einfühlsam und brachte uns dazu viel über Timo zu erzählen und Musik auszusuchen, die nach dem Geschmack von Timo war. Wir legten den Termin der Trauerfeier auf einen Samstag fest.
Damals dachte ich, lasst mich doch in frieden ich will das alles nicht, heute weiß ich , das es wichtig ist, ins Handeln zu kommen, um zu Überleben.
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